Landesfeuerwehrverband: 150 Jahre für die Steiermark


Zweiter Landesfeuerwehrtag 1872 mit einer Parade vor dem Grazer © KK

Der Landesfeuerwehrverband Steiermark wurde vor 150 Jahren aus Eigeninitiative von den Wehren als Dachorganisation für ihre gemeinsamen Anliegen und zur Koordination ihrer Tätigkeiten gegründet und entfaltete sich im Laufe der Zeit zu einer Service- und Koordinationsstelle mit umfassender Verantwortlichkeit. Von 1870 bis 1939 war der Verband als Verein organisiert, seit Inkrafttreten des Feuerwehrgesetzes von 1950 ist er eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Allein aus dieser Aufzählung lässt sich erahnen, welch weiten Bogen die Geschichte dieses Verbandes umspannt.
Die alten Löschordnungen hatten spätestens ab der Mitte des 19. Jh. ausgedient. Vor allem die damals neuen technischen Entwicklungen, die Dampfmaschine, die Gasbeleuchtung und etwas später der elektrische Strom sowie die damit in Verbindung stehende Industrialisierung waren dafür ausschlaggebend. Auch der rasche Ausbau der Eisenbahn darf diesbezüglich nicht vergessen werden. All diese neuen Errungenschaften brachten neue Brandgefahren mit sich und bildeten damit günstige Voraussetzungen für die Gründung von Feuerwehren. Beispiele aus anderen Ländern und Städten, allen voran aus dem deutschsprachigen Raum, zeigten, wie vorteilhaft Feuerwehren nicht nur in Städten, sondern auch in Landgemeinden sind.

Aus diesen Gründen beschloss 1853 die Stadt Graz die Gründung eines besoldeten Pompiers-Corps, die spätere Berufsfeuerwehr, die aber erst nach dem II. Weltweltkrieg in den Landesfeuerwehrverband integriert wurde. Der spätere Obmann des Verbandes, DI Alois Hueber, städtischer Baurat, war ab 1871 Kommandant der Berufsfeuerwehr und gleichzeitig Kommandant der Freiwilligen Grazer Turner-Feuerwehr. Über diese Doppelfunktion gab es bereits damals einen regen Austausch zwischen diesen Einrichtungen.
Einen zweiten Nährboden für die Gründung Freiwilliger Feuerwehren bildete das „Erwachen“ des Bürgertums. Dieses hatte sich im Revolutionsjahr 1848 deutlich dokumentiert, führte zur Bauernbefreiung, zur Einführung des Parlamentarismus und letztlich zum Staatsgrundgesetz 1867. Die Auflösung alter Verwaltungsstrukturen brachten eine neue Gemeindegesetzgebung hervor. Faktoren der Unsicherheit, die vielen Menschen ihre Verantwortlichkeit ins Bewusstsein riefen. Und ähnlich wie heute übernahm die damals entstehende „Zivilgesellschaft“ Aufgaben, die von öffentlicher Seite nicht entsprechend wahrgenommen wurden. So kam es im letzten Drittel des 19. Jh. zu vielen Vereinsgründungen mit unterschiedlichsten Zielsetzungen. Bezüglich der Feuerwehr spricht man von einem goldenen Gründungszeitalter.

Die Gründungsphase

Mit ausschlaggebend für die Gründung des Landesfeuerwehrverbandes Steiermark war auch der 1. Österreichisch-ungarische Feuerwehrtag am 5. und 6. August 1869 in Klagenfurt, zu der die Freiwillige Feuerwehr Klagenfurt und deren Kommandant Ferdinand Jergitsch eingeladen hatten. Mehrere Wehren aus der Steiermark waren angereist, um sich über neue Entwicklungen zu informieren. Wegen (deutsch)nationaler Vorbehalte kam es zu keiner Verbandsgründung für die gesamte Doppelmo­narchie, aber es wurde die Notwendigkeit bewusst, solche in den jeweiligen Ländern zu gründen. Eine protokollierte Wortmeldung Alois Huebers, Turner-Feuerwehr Graz, belegt dies.

Es ist anzunehmen, dass sich die steirischen Teilnehmer über die Gründung eines Verbandes einig wurden und sich die Freiwillige Turner-Feuerwehr bereiterklärte, einen Entwurf des Grundgesetzes auszuarbeiten. Dies erhärtet sich, da dieser Entwurf anderen Feuerwehren bereits im Oktober 1869 zugesandt wurde.
Am 19. März 1870 fand das Gründungstreffen des Landesfeuerwehrverbandes Steiermark statt. Ob es bewusst an diesem Tag angesetzt worden war, kann aufgrund der Quellenlage nur spekuliert werden. Egal, ob es so war oder nicht, es handelte sich jedenfalls um den „Josefitag“, den Tag des steirischen Landespatrons, wodurch die bis heute gelebte Verbundenheit mit der Steiermark – damals Herzogtum – zum Ausdruck kommt.
Delegierte der acht Gründungsfeuerwehren, Andritz, Bruck a. d. Mur, Judenburg, Knittelfeld, Leoben, Trofaiach, Radkersburg und Grazer Turner-Feuerwehr, trafen sich in Graz, Sackstraße 10, wo der Grazer Turnverein seine Räumlichkeiten hatte. Noch heute sieht man über dem Eingang, hinter Reklametafeln versteckt, die Buchstaben „..urnverein“. In der Durchfahrt hatte die Turner-Feuerwehr ihre Spritze abgestellt und angrenzend ihr Depot. Nach einigen Änderungen wurde das Grundgesetz angenommen.

Diese Statuten waren schlicht, aber offen und weitblickend formuliert. Alle wichtigen Anliegen eines Landesfeuerwehrverbandes waren darin enthalten: von der Hebung der Qualität des Feuerlöschwesens und der gegenseitigen Unterstützung über die Ausbildung und die Informationsweitergabe von Neuerungen, der Vereinheitlichung der Gerätschaften sowie der Hilfestellung bei der Gründung von Feuerwehren bis hin zu Finanzierungs- und Versicherungsfragen. Auch an die Einführung einer Unterstützungskasse für verunglückte Feuerwehrleute und deren Hinterlassene wurde gedacht. Zwar musste dieses Grundgesetz mehrmals dem wachsenden Aufgabenspektrum angepasst werden, dem grundsätzlichen Inhalt nach hätte es jedoch bis heute Gültigkeit.

Der 1. Landesfeuerwehrtag­ fand am 15. August 1871 in Bruck a. d. Mur statt. Diesen in Graz durchzuführen wäre nicht möglich gewesen, da die Freiwillige Grazer Turner-Feuerwehr zum damaligen Zeitpunkt eine Riege des Grazer Turnvereins und noch keine selbstständige Rechtspersönlichkeit war. Dem damaligen Vereinsgesetz folgend wurde DI Karl Watzka, Landesbauingenieur und Kommandant der FF Bruck a. d. Mur, zum ersten Verbands-Obmann gewählt.
Grundlegende Beschlüsse wurden von den Abordnungen der 19 Verbands-Feuerwehren gefasst. So wurden das steirische Normalgewinde und das Spritzenprüfungsnormale festgelegt. Andere Vorhaben, wie der bevorzugte Transport von Feuerwehren zum Brandplatz mittels Eisenbahn, die Beförderung von Brandtelegrammen, die Aufnahme von Verhandlungen mit der Feuerversicherung bezüglich einer Finanzierungsbeteiligung sowie die Einführung einheitlicher Übungsvorschriften und Bekleidung und die Einteilung in Rotten zu acht Mann wurden teilweise angenommen oder einer weiteren Bearbeitung zugeführt. Für die Durchführung des nächsten Feuerwehrtages wurde Graz bestimmt und DI Alois Hueber wurde zum neuen Verbands-Obmann gewählt. Eine Funktion, die er bis 1918 innehaben sollte.
Der 2. Landesfeuerwehrtag, anberaumt vom 29. Juni bis 1. Juli 1872, fand unter großer Teilnahme der Bevölkerung statt. Er wurde geradezu zele­briert, mit großer Parade, an der auch das Bügerkorps, Kapellen und andere Vereine eingebunden waren. Bürgermeister Dr. Moritz v. Schreiner leitete persönlich den Festausschuss. Inklusive der nunmehr 29 Verbandsfeuerwehren waren Abordnungen von 102 Wehren aus nah und fern angereist. Die freiwillige Turner-Feuerwehr führte in der Dominikanerkaserne eine große Schauübung vor. Eine Feuerwehrgeräteschau sowie geselliger Austausch stillten das Informationsbedürfnis.

1886 – eine Zäsur

Bereits 1884 hatte die Anzahl der Verbands-Feuerwehren die 150er-Marke überschritten. Die bisherige Organisationsstruktur reichte nun nicht mehr aus, weshalb über eine Strukturreform nachgedacht werden musste. 1886 wurden deshalb Feuerwehrbezirke neu eingerichtet. Sie dienten der besseren Koordination sowie der gegenseitigen Unterstützung in den Bereichen Ausbildung und Einsatzgeschehen. Sie waren nicht an politische Bezirke gebunden. Ihre Zusammenstellung erfolgte aufgrund ihrer geografischen Lage und Nähe, nicht zu verwechseln mit den Bezirksfeuerwehrverbänden, die nach dem II. Weltkrieg eingerichtet wurden. Im selben Jahr trat auch die neue „Feuerlöschordnung für das Herzogtum Steiermark mit Ausnahme der Landeshauptstadt Graz“ in Kraft. Die erfolgreiche Tätigkeit des Jahres 1886 krönte die Gründung einer eigenen Zeitschrift, die „Mittheilungen des steirischen Feuerwehr-Gauverbandes“.

Der Rettungsdienst

Fast vergessen ist, dass der flächendeckende Rettungsdienst seine Einführung der Feuerwehr verdankt. Bereits 1870 führte die FF Bruck a. d. Mur eine „Apotheke“ mit sich, die der Erste-Hilfe-Leistung von verletzten Kameraden, aber auch Zivilpersonen diente. Die Grazer Turner-Feuerwehr führte 1889 eine Rettungsabteilung ein und viele Feuerwehren folgten dieser Idee, sodass es zu einer landesweiten Abdeckung kam. 1917 wurde sogar der Verbandsname auf „Steiermärkischer Landesverband für Feuerwehr- und Rettungswesen“ geändert.

Der I. Weltkrieg

Zwar hatte der I. Weltkrieg selbst keine direkten Auswirkungen auf den Landesfeuerwehrverband, sein Ende jedoch schon. Ab 1915, nach dem Kriegseintritt Italiens und der folgenden Musterungswelle, mussten vielerorts Frauen die Lücken in den Feuerwehren schließen. Zudem wurden die Wehren zunehmend durch den lokalen Krankentransport-Dienst belastet. Ein Dienst aufgrund einer Übereinkunft mit dem österreichischen „Roten Kreuz“, der die Feuerwehren verpflichtete, verwundete und kranke Krieger, die in die Heimat transportiert wurden, vom Bahnhof in Spitäler oder Pflegestätten zu bringen. Aufgrund der Grenzziehung von 1918/19 verlor der Landesfeuerwehrverband fast 1900 Feuerwehrmänner und 57 Mitgliedswehren.

1938–1945

Sieben Jahre eines „1000-jährigen Reiches“ mit all den Gräueln von Krieg und Rassismus reichten aus, jahrzehntelang Aufgebautes zunichtezu­machen. Der Landesfeuerwehrverband Steiermark wurde 1939 aufgelöst und in die „Bezirksführung Freiwillige Feuerwehren im Reichsgau Steiermark“ übergeführt. Der Zentralismus der Diktatur wollte ein klar dirigierbares System. Die Berufsfeuerwehr wurde zur Feuerschutzpolizei, Freiwillige Feuerwehren wurden zu Ortsfeuerwehren zusammengelegt, deren Führung Vertrauensleute der NSDAP übernahmen. Aus dieser Zeit stammen einige wichtige technische Erkenntnisse und Richtlinien. Diese verblassen jedoch angesichts der unermesslichen Tragödien und Zerstörungen, die zu beklagen waren.

Neubeginn und Konsolidierung

1946 wurde Ing. Peter Stanke, Baudirektor der Stadt Graz, mit dem Wiederaufbau des Feuerwehrwesens beauftragt. Die britische Militärverwaltung stellte dafür 120 Lkws und 15 Zugmaschinen zur Verfügung. 1948 beschlossen die Bezirkskommandanten bei einem Treffen in Kirchberg an der Raab die Wiedergründung eines Landesfeuerwehrverbandes. Am 7. 12. 1948 wurde Hans Malissa, Bruck a. d. Mur, zum Landesfeuerwehrkommandanten gewählt. Einen Meilenstein brachte das Landesfeuerwehrgesetz 1950, das den Landesfeuerwehrverband zu einer Körperschaft öffentlichen Rechts erhob. Danach begann eine Phase der Konsolidierung, wobei die Erneuerung des Fuhrparks, die Ergänzung der Ausbildung durch ein umfangreiches Bewerbswesen und die Einführung neuer Alarm- und Informationssysteme sowie die Attraktivität des Dienstes in der Feuerwehr im Vordergrund standen.

Aufbruch in neue Sphären

In den 1970er-Jahren wurden die Feuerlösch- und Bergeeinheiten eingeführt, um im Katastrophenfall rasch mit größeren Einheiten helfen zu können. Die Nachwuchsarbeit wurde verstärkt und die Feuerwehrjugend eingeführt. Nicht zu vergessen ist die Beschäftigung mit Gefahrengut und dessen Transport, was immer häufiger zu technischen Einsätzen führte. Landeskommandant LBD Karl Strablegg modernisierte das Feuerwehrwesen in allen Bereichen. Gemeinsam mit seinem Dienststellenleiter und späteren Nachfolger Bernhard Krugfahrt führte er modernste Kommunikationsmittel ein. Die „Mitteilungen des Landesfeuerwehrverbandes“ wurden, nach drei weiteren Namenswechseln, in „Blaulicht“ umbenannt und die Redaktion wurde professionell besetzt. 1992 übersiedelte das Landesfeuerwehrkommando von Graz nach Lebring in ein neues Gebäude neben der Landesfeuerwehr- und Zivilschutzschule Steiermark. LBD Georg Ferstl strebte einen höheren Grad an Selbstverwaltung der Feuerschutzmittel an, LBD Franz Hauptmann vertiefte die Frage der Selbstverwaltung und führte für den Landeskommandanten ein Wahlsystem auf breiterer demokratischer Basis ein.

Service und Selbst­verwaltung

Unter der Leitung des Landesfeuerwehrkommandanten LBD Albert Kern wurden das Beitrittsalter zur Feuerwehrjugend auf 10 Jahre gesenkt und die Universitätsfeuerwehren gegründet. Viele Bereiche konnten in die Selbstverwaltung übernommen werden: 2009 Mittelvergabe der Feuerschutzsteuer zur Gänze, genauso wie die Leitung der Feuerwehr- und Zivilschutzschule. 2011/12 wurde die neue Landesleitzentrale in Betrieb genommen. Die Gebäude der Schule wurden saniert und am Gelände der Feuerwehr- und Zivilschutzschule wurden Zubauten für Schulzwecke und ein Archiv sowie für die Funk- und die Atemschutzwerkstätte errichtet. Durch dieses Bündel erreichte der Landesfeuerwehrverband ein Höchstmaß an Selbstverwaltung und mutierte zu einer wichtigen Servicestelle für das gesamte Feuerwehrwesen in der Steiermark. 2012 wählten die Delegierten LBD Albert Kern als ersten Steirer zum Präsidenten des Österreichischen Bundesfeuerwehrverbandes.

Die nunmehrige Führung unter Leitung von LBD Reinhard Leichtfried und LBDS Erwin Grangl setzt diesen Weg fort und kann auf eine sehr gute In­frastruktur aufbauen. Aufgrund der vergangenen Leistungen in der Gefahren- und Katastrophenbekämpfung kann davon ausgegangen werden, dass ihnen und der Steiermark auch in Zukunft ein großes Potenzial gut geschulter und hochmotivierter Personen aller Altersgruppen für die Aufgaben zur Verfügung steht. Und diese werden sicherlich nicht ­weniger.

Weitere Fotos und Infos

Quelle: Landefeuerwehrverband Steiermark